28.03.2004 Gesetzgebung

Ministerialentwurf des BMJ zum Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz


Das Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz soll Vertragsabschlüsse über Finanzdienstleistungen zwischen Unternehmern und Verbrauchern, die im Fernabsatz erfolgen (d.h.: ohne persönlichen Kontakt per Brief, Telefon oder e-mail) regeln. Dabei werden für Unternehmer besondere Informationspflichten vorgesehen - den Verbrauchern soll (wie beim Haustürgeschäft) ein befristetes Rücktrittsrecht eingeräumt werden.

Geboten schien dieser Entwurf einerseits durch die vermehrten Finanztransaktionen per Internet (man denke nur an e-bay), andererseits aber auch wegen der umzusetzenden EU Richtlinie 2002/65/EG, die eine schrittweise Festigung des Binnenmarktes unter hohem Verbraucherschutz vorsieht. Der europäische Verbraucher soll zwar die volle Auswahl aus dem europäischen Warenangebot haben (was für ihn zum Teil nur per Fernabsatz möglich ist), ohne dies mit einem höheren Risiko seiner Finanztransaktionen zu bezahlen. Außerdem ermöglicht der Fernabsatz ein "shoppen" ohne Rücksicht auf Ladenöffnungszeiten.

Die Richtlinie ist deshalb besonders interessant und bemerkenswert, weil sie eine völlige Harmonisierung der Mitgliedstaaten fordert - daher ist sowohl ein Zurückbleiben hinter den vorgesehenen Verbraucherschutzstandards als auch ein Normieren strengerer Schutzbestimmungen gleichermaßen unzulässig. Nur bei der Ausgestaltung der Sanktionen haben die Mitgliedstaaten Gestaltungsfreiheit. Die Bestimmungen der Richtlinie sind einseitig zwingend.

Die Sache mit den Finanzdienstleistungen ist in Belangen des Fernabsatzes ein besonders zweischneidiges Schwert: auf der einen Seite eignen sich gerade Finanzdienstleistungen für den Fernabsatz, da hier nicht hergestellt, be- oder verarbeitet werden muss. Andererseits können gerade derartige Abschlüsse für den Kunden langfristige Folgen haben (man denke hier nur an Lebensversicherungen oder Kreditzinsen).

Wir wollen an dieser Stelle in Erinnerung bringen, dass bereits mit dem Fernabsatz-Gesetz (BGBl 185/1999) neue Verbraucherschutzbestimmungen ins KSchG übernommen wurden (§§ 5c bis 5i KSchG) - damals wurden die Bestimmungen über Rücktrittsrechte und Informationspflichten aber gerade für Finanzdienstleistungen ausgenommen.

Sehr wohl auch auf Finanzdienstleistungen anzuwenden sind dagegen folgende (hier auch relevante) Bestimmungen des KSchG: § 31a (Schutz des Karteninhabers), § 32 Abs 1 Z 5 (unbestellte Waren und Dienstleistungen) und § 32 Abs 1 Z 7 (Schutz bei Ferngesprächen).

Aufgrund der Spezialität des Gesetzes sieht der gegenständliche Entwurf jedoch ein eigenes BG vor (eine Alternative wäre gewesen, auch diese Bestimmungen ins KSchG einzubauen).

Zum Inhalt der Richtlinie:

- Anwendungsbereich ist der Fernabsatz - das ist jede Vertriebsform, die nicht die körperliche Anwesenheit des Verbrauchers fordert (SMS, Telefon, Fax, e-mail, Internet, Radio und Fernsehen sowie erst künftig zu entwickelnde Telekommunikationsmittel)

- Geregelt wird der Verkehr von Finanzdienstleistungen: dies sind alle Bankdienstleistungen sowie alle Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung

- Erfasst werden nicht nur typische Dienstleistungsverträge, sondern auch z.B. manche Kaufverträge wie etwa der Erwerb von Wertpapieren

- Die Regelungen gelten nur für die erstmalige Dienstleistungsvereinbarung

- Für die Verwendung bestimmter Kommunikationsarten bedarf es der vorherigen Zustimmung des Verbrauchers

- Informationspflicht: der Verbraucher ist vor Abschluss über den Anbieter, die Eigenheiten der Dienstleistung, über die besonderen vertraglichen Bedingungen und die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe zu informieren

- Initiiert der Anbieter ein Telefongespräch, muss er dieses damit einleiten, zu sagen wer er ist und was er will (Zweck des Telefonates). Dann muss er nur über einzelne Belange informieren - dies aber nur, wenn der Verbraucher dieser "verkürzten" Information zugestimmt hat. Bevor der Verbraucher aber durch ein verbindliches Anbot gebunden wird, ist ihm sämtliche relevante Information zur Verfügung zu stellen.

- Rücktrittsrecht: hierfür ist es unerheblich, wer das Geschäft angebahnt hat. Die Rücktrittsfrist beträgt 14 Tage (bei Lebensversicherungen 30 Tage) ab Vertragsschluss oder - falls dies später erfolgt - ab Übermittlung der Informationen (darin müssen auch die Informationen über den Rücktritt enthalten sein).

- Ausgeschlossen ist das Rücktrittsrecht für Finanzdienstleistungen, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Dienstleister keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten könne, für Reise- und Gepäckversicherungen oder bei ähnlichen kurzen Versicherungsverträgen mit einer Laufzeit von bis zu einem Monat und bei Verträgen, die über ausdrücklichen Verbraucherwunsch schon vor Ausüben seines Rücktrittsrechts beidseitig voll erfüllt sind.

- Mit der Vertragserfüllung darf innerhalb der Rücktrittsfrist nur über ausdrücklichen Konsumentenwunsch begonnen werden

Diese Inhalte werden aufgrund des Harmonisierungsgebotes vollständig umgesetzt - konkret müssen jedoch nur die Regeln über den Rücktritt und die Informationspflichten neu formuliert werden. Bei vielen anderen Punkten bedarf es nur einer geringfügigen sprachlichen Anpassung der bereits im KSchG enthaltenen Bestimmungen (z.B. Entfall der Ausnahmetatbestände in den Fernabsatznormen für Finanzdienstleistungen).