18.04.2004 Gesetzgebung

Ministerialentwurf des BM für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMfSGK) zum Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) und zur Einrichtung einer Schlichtungsstelle beim BMfSGK und die Behindertenanwaltschaft (Schlichtungsstellengesetz - SchlStG)


Mit diesem Entwurf soll auch das Behinderteneinstellungsgesetz geändert werden.

Ziel des Entwurfs ist die Abschaffung jeglicher Diskriminierung Behinderter - das Gesetz soll für den gesamten Lebensbereich mit Ausnahme des Arbeitsbereichs gelten (hier gibt es ja das BehinderteneinstellungsG).

Neu ist, dass nach der vorgesehenen Behindertendefinition jeder in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen soll, der durch seine körperliche, geistige oder psychische Verfassung voraussichtlich länger als 6 Monate (!) in seinem alterstypisch normalen Leben beeinträchtigt ist, sowie auch Angehörige von Behinderten. Ziemlich weit ist auch der Angehörigenbegriff gefasst: er umfasst den Ehegatten, die Eltern, die Nachkommen in gerader Linie, die Verwandten 2. Grades, die Verschwägerten in gerader Linie, die Wahl- und Pflegeeltern/kinder sowie den Lebensgefährten und dessen Kinder.

(nach einer Variante, die ebenfalls Entwurfsbestandteil ist, sollen die Begriffe der Behinderung und der Angehörigen noch weiter gefasst werden)

Wesentlichen Inhalte des Entwurfs:

- Barrierefreiheit (technische Vorrichtungen, öffentliche Verkehrsmittel usw.);- Setzung aktiver Maßnahmen zur Förderung des gleichberechtigten Teilhabens Behinderter am Gesellschaftsleben,- Anerkennung der österreichischen Gebärdensprache (auch vor Gerichten und Behörden samt Übersetzungshilfe) - dies ist als Verfassungsbestimmung vorgesehen,- Vorsehen einer angemessenen Berücksichtigung bei allen Förderungsmaßnahmen;- Definition von mittelbarer und unmittelbarer Diskriminierung;- Ex lege soll auch jede Belästigung eine Form der Diskriminierung sein - gleiches gilt für die Anweisung zur Diskriminierung;- Festlegung der Rechtsfolgen einer Diskriminierung (Schadenersatz = Vermögensschaden UND Schaden aus erlittener persönlicher Beeinträchtigung; Festlegen eines Mindestbetrages);- Normieren des Verfahrens zur Geltendmachung der Ansprüche:

+ zuständig ist zunächst die neu einzurichtende Schlichtungsstelle+ Festlegen einer Verjährungsfrist von 3 Jahren+ gegen die Entscheidung der Schlichtungsstelle ist kein Rechtsmittel zulässig - es kann aber binnen 6 Wochen nach Zustellung des Bescheides der Schlichtungsstelle das Gericht angerufen werden (sukzessive Zuständigkeit)+ ist die Frist zur Anrufung des Gerichts abgelaufen, bildet die Entscheidung der Schlichtungsstelle einen Exekutionstitel+ die Diskriminierung muss nur glaubhaft gemacht werden - der Antragsgegner muss nachweisen, dass die Ungleichbehandlung wahrscheinlich aus anderen Gründen außer denen der Behinderung erfolgte

Die einzurichtende Schlichtungsstelle soll in Senaten entscheiden, deren Mitglieder von Dienstnehmer- und Dienstgebervertretungen, Bund und Ländern zu ernennen sein sollen. Die Schlichtungsstelle ist gehalten, Mediationen zu versuchen - auf diese ist das ZivReMedG sinngemäß anzuwenden.

Außerdem soll eine Behindertenanwaltschaft eingerichtet werden, deren Mitglieder weisungsfrei sein sollen (Verfassungsbestimmung) und die das Recht auf unabhängige Erhebungen haben soll. Sie soll aus drei Anwälten und deren Stellvertretern bestehen; ihre Funktionsperiode soll vier Jahre betragen. Eine Vereinbarkeit mit dem bei Bezügefortzahlung weiterzuleistenden sonstigen aktiven öffentlichen Dienst ist vorgesehen.

Die Änderungen des Behinderteneinstellungsgesetzes folgen sinngemäß dem Entwurf des BGStG - es ist auch ein Antragsrecht für Verbände (Wirtschaftskammer, Bundesarbeiterkammer) vorgesehen.

Es ist noch kein fixes Datum für das In-Kraft-Treten vorgesehen.