20.12.2003 Gesetzgebung

Ministerialentwurf des BKA zum Tierschutzgesetz (TSchG)


Inhaltliche Schwerpunkte und Zielsetzungen des Entwurfs sind die Schaffung eines bundeseinheitlichen Tierschutzrechts sowie die Umsetzung einiger EU-Richtlinien zum Tierschutz.

Wir haben für Sie einige Einzelheiten aufgespürt, die für den "Durchschnittsbürger" von Interesse sein könnten:

Sog. "Qualzüchtungen" (das sind Züchtungen, die für das Tier oder dessen Nachkommen mit starken Schmerzen (...) oder Angst verbunden sind) fallen unter den Tatbestand der Tierquälerei - aber auch die bewusst einseitige Züchtung, um die Aggressivität oder die Kampfbereitschaft des Tieres zu erhöhen (Stichwort: "Kampfhunde"). Hier wird die Frage virulent, wie weit die Züchtung und wie weit die Erziehung des Tieres für ein aggressives Verhalten verantwortlich ist. Näheres zu den erlaubten und verbotenen Züchtungsmethoden soll per Verordnung festgelegt werden. Zwischen den beiden Tatbeständen besteht ein wesentlicher Unterschied: bei Qualzüchtungen ist auch das Importieren und Weitergeben strafbar - bei "Kampfzüchtungen" nur das Züchten selbst (das Abhalten von Tierkämpfen und das Aufeinanderhetzen sind natürlich gleichfalls verboten).

Hundehalter aufgepasst: nicht nur das Verwenden von Stachelhalsbändern, sondern auch von Instrumenten, die z.B. durch elektrische "Strafimpulse" das Verhalten des Tieres beeinflussen sollen, ist Tierquälerei (außer bei der Abrichtung von Diensthunden durch geschultes Personal). Auch das dauernde Angebunden lassen ist verboten ("Kettenhunde").

Nicht nur für die Dompteure und Zirkusse mit Tiernummern sondern auch für alle Springreiter und Rennstallbesitzer kommen schlechte Zeiten: gleichfalls verboten soll es sein, einem Tier Leistungen abzuverlangen, wenn damit Schmerzen, Qualen oder Angst für das Tier verbunden sind. Ob die Anwendung der üblichen elektrischen Startgitter bei Galopprennen u.ä nun unter den Begriff "Strafimpuls" oder "unangemessene Leistungssteigerung" subsumiert wird, ist eine rein akademische Frage. Apropos Zirkus: Wildtiere dürfen dort sowieso nicht mehr gehalten werden (§ 27 d. Entwurfs)

Auch das Coupieren des Schwanzes oder der Ohren (Abtrenne von Extremitäten) ist nun explizit Tierquälerei - dies ist (quasi zur Sicherheit) nochmals in § 7 geregelt, der verbotene Eingriffe definiert.

Hier muss angemerkt werden, dass einige Tatbestände schon jetzt unter den Tatbestand des § 222 StGB subsumierbar sind - allerdings sind Lehre und Rechtsprechung der Meinung, dass nur die rohe Misshandlung gerichtlich strafbar sei - angemessenen Züchtigung ist erlaubt. Ein Tier in Angst zu versetzen ist nur gerichtlich strafbar, wenn diese Angst "unnötig" ist. Eine weitere Lücke des Strafrechts ist, dass die "Einziehung" des gequälten Tieres nicht vorgesehen ist - hier muss auf landesgesetzliche Bestimmungen zurückgegriffen werden, die uneinheitlich oder ebenfalls lückenhaft sind. (Der Entwurf soll auch dies ändern - dazu später)

Das Imstichlassen eines verletzten oder gefährdeten Tieres ist strafbar, soweit man seinen Zustand selbst herbeigeführt hat (z.B. Anfahren eines über die Fahrbahn wechselnden Wildes).

Weist das Tier Anzeichen einer Verletzung oder Krankheit auf, muss es unverzüglich (wenn nötig tierärztlich) versorgt werden. Bislang macht man sich bundesrechtlich nur strafbar, wenn das Tier durch die Nichtversorgung erhebliche Schmerzen oder Qualen erleidet.

Verstöße begründen - soweit sie nicht einen gerichtlich strafbaren Tatbestand begründen - eine Verwaltungsübertretung; der Versuch ist ausdrücklich strafbar. Der Strafrahmen beträgt Euro 7.500,-- (bei Wiederholung Euro 15.000,--).

Die Einziehung von Tieren, die Schmerzen, Angst oder Qualen erleiden, soll explizit ermöglicht werden.

Mit der Vollziehung des Gesetzes sollen - unter Mitwirkung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes - die Bezirksverwaltungsbehörden betraut werden. Dazu hat jedes Land einen Tierschutzbeauftragten namhaft zu machen; beim BM f. Gesundheit und Frauen wird ein Tierschutzrat eingerichtet.

Das Ende der Begutachtungsfrist ist der 7. Jänner 2004; für das In-Kraft-Treten ist der 1. Juli 2004 vorgesehen.