25.10.2003 Gesetzgebung

Regierungsvorlage zur Änderung des Außerstreitgesetzes (AußStrG 2003) - 2. Teil


In der letzten Ausgabe haben wir über die Gründe zur vorliegenden Regierungsvorlage, die Mängel des geltenden Außerstreitgesetzes sowie die geplanten Änderungen des Allgemeinen Teils berichtet. Im heutigen 2. Teil wollen wir die Normen des Besonderen Teils besprechen, die einer Änderung unterzogen werden sollen:

Geplante Änderungen des Besonderen Teils:

- Im Verfahren in Familienrechts- und Sachwalterschaftssachen (2. Hauptstück) werden die Regelungen über das Abstammungsverfahren vom streitigen in das außerstreitige Verfahren übernommen. Dies lag schon deshalb nahe, weil u.a. schon durch die Geltung des Untersuchungsgrundsatzes eine gewisse Nähe zum Außerstreitverfahren besteht.

Die Familienrechtsangleichungsverordnung wird aufgehoben - deren Bestimmungen werden durch die Normierung über die Mitwirkungspflichten der Parteien und anderer Personen ersetzt.

- Das Verfahren über die Annahme an Kindes soll insofern geändert werden, als die Erklärung des Widerrufs einer Zustimmung zu einer Adoption neu geregelt wird und ergänzend auch auf eine Befristung der Gültigkeit einer Zustimmung verzichtet wird. Die übrigen Normen über die Annahme an Kindes statt bleiben weitgehend aufrecht.

- Die Normen über die einvernehmliche Scheidung, werden ebenso sinngemäß angepasst und entsprechen auch künftig weitgehend den bisherigen Regelungen in der Fassung des Eherechtsänderungsgesetz 1999. Die Wirksamkeit ausländischer eheauflösender Entscheidungen sind künftig bloß als Vorfrage zu beurteilen sein.

- Das Verfahren über die Obsorge und den persönlichen Verkehr zwischen Eltern und ihren mj. Kindern wird an das Kindschaftsrechts-ÄG 2001 angepasst. Die Regelungen werden gleichfalls ins AußStrG übernommen. Hier wird nunmehr zB auch die Verfahrensfähigkeit Minderjähriger, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, normiert - ferner finden sich hier auch Regelungen über die besondere Vertraulichkeit und den Einsatz eines Besuchsbegleiters.

- Der Abschnitt über die Sachwalterschaft für Behinderte bleibt inhaltlich im wesentlichen gleich - es werden nur einige prozessökonomische Regeln eingefügt (zB Erstanhörung in besonderen Fällen auch im Rechtshilfeweg, Modifizierung der Zustellung an Behinderte, ...). Die Bestimmungen über den Kostenersatz werden gleichfalls der Praxis bzw. Rechtsprechung angeglichen.

- Die Bestimmungen über die Pflegschaftsrechnung wurden in Richtung einer maßvollen Gebarungskontrolle modifiziert.

Im dritten Hauptstück wird sich einiges tun - es betrifft das Verlassenschaftsverfahren:

- Die Entscheidung über das Erbrecht wird in das Verlassenschaftsverfahren integriert - die Verteilung der Klägerrollen und die darauffolgende Erbrechtsklage sind künftig nicht mehr vorgesehen. Nun soll das Verlassenschaftsgericht das Erbrecht der Erben feststellen und die anderen Erbantrittserklärungen abweisen. - Der ruhende Nachlass soll leichter verwaltbar werden - das betrifft die Normen über die Benützung, Verwaltung und Vertretung der Verlassenschaft. Verwaltungsakte sollen nur noch in manchen Fällen eine gerichtliche Genehmigung benötigen und die Vertretungsbefugnis soll nicht erst durch die Einräumung der Besorgung und Verwaltung, sondern ex lege entstehen.

- Das Inventar soll nicht mehr zu Gericht anzunehmen sein, womit ihm nur die allgemeine Wirkung einer öffentlichen Urkunde zukommt. Die Bewertung des Verlassenschaftsvermögens wird vereinfacht; ebenso die Kundmachung des Testaments, die Fassung des Einantwortungsbeschlusses und der Freigabe von Verlassenschaftsteilen.

- Die Grundbuchsgerichte werden für die Verbücherung der Abhandlungsergebnisse zuständig - dies entweder auf Antrag der Erben oder des Gerichtskommissärs.

- Der Gerichtskommissär wird ex lege für die Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung zuständig (ohne besonderen Gerichtsauftrag) - hier werden auch Änderungen des Gerichtskommissärgesetzes nötig. Die gerichtliche Kontrolle seines Handelns ist durch einen Abhilfeantrag der Partei, durch Aufträge des Gerichtes und durch Berichtspflichten sichergestellt.

- In Zukunft bleibt die Überlassung an Zahlungs statt nicht mehr auf geringwertige Verlassenschaften beschränkt - es soll auch die Möglichkeit eines außergerichtlichen Ausgleichs eröffnet werden.

- Die inländische Gerichtsbarkeit für die Durchführung von Verlassenschaftsverfahren wird wesentlich eingeschränkt. Über das im Inland befindliche unbewegliche Vermögen ist weiterhin jedenfalls abzuhandeln - hinsichtlich des im Ausland gelegenen beweglichen Vermögens österreichischer Staatsangehöriger aber nur noch dann, wenn der Österreicher seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte oder die Durchsetzung aus dem Erbrecht, dem Pflichtteilsrecht oder einer letztwilligen Erklärung abgeleiteter Rechte im Ausland unmöglich ist. Auch die Verlassenschaftsgerichtsbarkeit über im Inland gelegenes bewegliches Vermögen soll, soweit es nicht Ausländer mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich betrifft, sinngemäß eingeschränkt werden.

- Künftig heißt es übrigens "Todesfallaufnahme" statt "Todfallsaufnahme", "Erbantrittserklärung" statt "Erbserklärung", "Vermögenserklärung" statt "eidesstättiges Vermögensbekenntnis" und "erbloser Nachlass" statt "Heimfall".

- Das fünfte Hauptstück über die freiwillige Feilbietung schränkt die Möglichkeit der gerichtlichen Feilbietung auf Liegenschaften und Superädifikate ein. Die freiwillige Feilbietung von Fahrnissen und die freiwillige gerichtliche Schätzung fallen weg.

Der neue (vereinheitlichte und erweiterte) Anwendungsbereich des AußStrG:

- die mit dem Miteigentum verbundenen Streitigkeiten über Benützungsregelungen und Verwalterbestellungen sowie die Unterhaltsangelegenheiten minderjähriger und volljähriger Kinder unterliegen künftig einheitlich dem AußStrG

- das Abstammungsverfahren (i.e. das Verfahren zur Feststellung der Abstammung, zur Feststellung der Rechtsunwirksamkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses und über die Bestreitung der ehelichen Geburt) unterliegen in Zukunft gleichfalls dem AußStrG - ebenso die Verfahren über das Erbrecht.

- auch für bestimmte Miteigentumsangelegenheiten soll grundsätzlich nach § 838a ABGB das Verfahren außer Streitsachen vorgesehen werden, zumal hier in der überwiegenden Zahl der Fälle Mehrparteienverfahren abzuführen und rechtsgestaltende Regelungen zu treffen sein werden (bislang wird z.B. die Frage über die Bestellung eines Verwalters oder die Aufhebung der Verwaltung im streitigen Verfahren gelöst - die Auswahl des Verwalters hingegen wird im außerstreitigen Verfahren geregelt)

- Unterhaltsstreitigkeiten minderjähriger Kinder gehören, ohne dass dies ausdrücklich geregelt wäre, in das Verfahren außer Streitsachen. Minderjährige inländische Kinder können also ihren gesetzlichen Unterhaltsanspruch im außerstreitigen Verfahren geltend machen, während im Ausland lebende minderjährige Kinder sowie inländische volljährige Kinder grundsätzlich ihren Anspruch im streitigen Verfahren geltend machen müssen. Diese und andere Differenzierungen werden fallen. All diese Angelegenheiten werden ins außerstreitige Verfahren verlagert, was einerseits eine Rechtsvereinheitlichung mit sich bringt und andererseits die Erschwernisse, die sich durch die Beweislastregeln für die Kinder ergeben, beseitigt. Gleiches wird für Unterhaltsansprüche der Eltern gegenüber ihren Kindern gelten. Im Ergebnis wird über alle gesetzlichen Unterhaltsansprüche zwischen in gerader Linie verwandten Personen nach § 114 JN im außerstreitigen Verfahren entschieden werden (!!! Das gilt nicht für Streitigkeiten über den Ehegattenunterhalt!!!)

- die Abstammungsverfahren, die schon heute vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht werden und bei denen schon jetzt die Fällung eines Versäumungs-, Verzichts- oder Anerkenntnisurteils unzulässig sind, werden auch dem außerstreitigen Verfahren zugewiesen.

- schließlich soll über das Erbrecht nicht mehr im Erbrechtsstreit (= Zivilprozess), sondern im Verlassenschaftsverfahren ( = Verfahren außer Streitsachen) zu entscheiden sein. Einer Erhöhung der Zahl widerstreitender Erbantrittserklärungen mangels Kostenrisiko soll durch eine Regelung über den Ersatz der Verfahrenskosten für die rechtsfreundliche Vertretung Rechnung getragen werden - künftig besteht durchaus ein Kostenersatzrisiko. Apropos rechtsfreundliche Vertretung: weiterhin besteht reine Anwaltspflicht (eine relative bei einem vermutlichen Wert der Nachlassaktiva bis 4.000 Euro - darüber hinaus eine absolute).

- Achtung: die Pflichtteilsklage, die Pflichtteilsergänzungsklage sowie die Klage zur Geltendmachung von Legatsansprüchen werden NICHT ins außerstreitige Verfahren überwiesen, weil sie die Einantwortung ja nicht hindern. Die Erbschaftsklage nach § 823 ABGB bleibt von der Neuregelung völlig unberührt

Für das In Kraft Treten ist noch kein Termin vorgesehen - jedenfalls wird eine ausreichende Legisvakanz vorzusehen sein, um die Vollziehung der neuen Verfahrensvorschriften gut vorzubereiten.