25.09.2002 Gesetzgebung

Ministerialentwurf zum Urheberrechtsgesetz


Zwar wurde dieser Tage bekannt, dass die, inzwischen "weltberuehmte", Musiktauschboerse Napster nunmehr endgueltig geschlossen wird, da eine Uebernahme durch den Bertelsmann-Verlag gerichtlich untersagt wurde, aber letztlich war gerade diese Internet-Plattform Ausloeser einerseits fuer weitere Formen von "Tauschboersen" von Filmen und Musik im Internet und andererseits fuer weltweite Bestrebungen und Ueberlegungen zur Anpassung des Urheberrechts an das "digitale Zeitalter".

Auch die am 22.5.2001 erlassene Richtlinie 2001/29/EG des Europaeischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S 10), auf der vorliegender Ministerialentwurf basiert, ist unter diesem Gesichtspunkt zu sehen.

Waehrend aehnliche Aenderungen des Urheberrechts in Deutschland in den letzten Wochen zu heftigen Diskussionen gefuehrt haben, ist es um den oesterreichischen Entwurf derzeit noch ruhig, obwohl die Begutachtungsfrist schon am 16. September 2002 endet.

Der Entwurf enthaelt im wesentlichen folgende Schwerpunkte:

- Regelung der Nutzung von geschuetzten Werken im Internet,- Rechtsschutz gegen Umgehungen technischer Schutzmassnahmen, die die Verletzung von Rechten verhindern sollen, und fuer Kennzeichnungen zur elektronischen Rechteverwaltung,- Ueberarbeitung des Kataloges der freien Werknutzungen und- Anpassung der Vorschriften zur Rechtsdurchsetzung.

Die sich aufgrund der Richtlinie ergebenden Anpassungserfordernisse im oesterreichischen Urheberrecht basieren zum einen auf der Einfuehrung des Rechts der interaktiven oeffentlichen Zurverfuegungsstellung und zum anderen darauf, dass durch die Richtlinie die zwingend vorgesehene freie Werknutzung fuer voruebergehende technisch bedingte Vervielfaeltigungen eingefuehrt wurde. Demgegenueber stehen aber auch Beschraenkungen, da der Katalog der nach dem oesterreichischen Urheberrechtsgesetz zulaessigen freien Werknutzungen an die abschliessende Liste zulaessiger (fakultativer) freier Werknutzungen der Richtlinie anzupassen ist, woraus sich vor allem Einschraenkungen fuer die bisherige in weitem Umfang zulaessige Vervielfaeltigung zum eigenen Gebrauch sowie fuer bestimmte freie Nutzungen zum Schulgebrauch ergeben.

Ueber die Richtlinie hinausgehend moechte der Entwurf aber auch eine Modernisierung des oesterreichischen Urhebervertragsrechts vornehmen. So sollen analog dem deutschen Urheberrecht die Zweckuebertragungstheorie, der Grundsatz der Nichtigkeit von Verfuegungen ueber Rechte an noch nicht bekannten Nutzungsarten und der sogenannte Bestsellerparagraph Eingang in das oesterreichische Urheberrecht finden.

Nach der Zweckuebertragungstheorie, die von der oesterreichischen Judikatur bislang als Grundsatz der Vertragsauslegung anerkannt wird, reichen die Befugnisse des Werknutzungsberechtigten im Zweifel nicht weiter, als es fuer den praktischen Zweck der ins Auge gefassten Werknutzung erforderlich ist. Mit der ausdruecklichen, gesetzlichen Verankerung wird der Grundsatz nun dahingehend erweitert, dass die gegenstaendliche Beschraenkung auf den Vertragszweck immer dann gilt, wenn die Nutzungsarten im Vertrag nicht ausdruecklich einzeln bezeichnet sind.

Der Grundsatz der Nichtigkeit von Verfuegungen ueber Rechte an noch nicht bekannten Nutzungsarten hingegen leitet sich im wesentlichen aus der Zweckuebertragungstheorie ab, da eine noch nicht bekannt Nutzung weder "bezweckt" noch "im einzelnen bezeichnet" sein kann.

Beim Beststellerparagraphen schliesslich handelt es sich um einen Anspruch des Urhebers auf Vertragsanpassung, der eine Korrektur des vereinbarten Entgelts im Fall eines besonderen Erfolgs des Werks auf dem Markt ermoeglichen soll.

Was die Vervielfaeltigung zum eigenen und privaten Gebrauch betrifft, ergibt sich aus dem Entwurf im Vergleich zur bisherigen Rechtslage eine deutlich geaenderte Situation. Waehrend derzeit § 42 UrhG eine prinzipielle Ermaechtigung zur Herstellung einzelner Vervielfaeltigungsstuecke eines Werkes zum eigenen Gebrauch enthaelt, wird diese Vervielfaeltigung in Hinkunft nur mehr fuer Herstellungen auf Papier oder einem aehnlichen Medium bzw. zu Zwecken der Forschung, soweit dies zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist, zulaessig sein. Die Herstellung auf anderen Traegern wird nur mehr fuer den privaten Gebrauch gesetzlich gedeckt sein.

Daraus ergibt sich also insofern eine Einschraenkung zur bisherigen Rechtslage, als unter dem eigenen Gebrauch der Gebrauch zur eigenen Verwendung, einschliesslich beruflicher und gewerblicher Zwecke verstanden wird, waehrend der private Gebrauch "nur" der Befriedigung rein persoenlicher Beduerfnisse durch die eigene Person oder die mit ihr durch ein persoenliches Band verbundenen Personen dient.

Darueber hinaus wurde auch der Katalog der Vervielfaeltigungen, die stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulaessig sind, ausdruecklich um Musiknoten erweitert. Daran sieht man sehr deutlich, dass - siehe "Napster" - die Musikindustrie die treibende Kraft hinter diesen - im wesentlichen weltweiten - Aenderungen der diversen Urheberrechtsgesetze ist.

Durch die Aenderungen der freien Werknutzung hinsichtlich des privaten und des eigenen Gebrauchs werden auch Regelungen ueber "Medienbeobachtung" aufgrund der Richtlinie eingefuehrt. Da - wie der Entwurf ausfuehrt - "etwa das Festhalten von Fernsehauftritten eines Politikers auf einer Videokassette durch seine Mitarbeiter nicht mehr durch eine freie Werknutzung gedeckt waere, da darin kein "privater Gebrauch" gesehen werden kann" - wurde im neuen § 42d auf die Regelung des Artikel 5 Abs. 3 lit. o der Richtlinie zurueckgegriffen, wodurch eine eher weit gefasste, allerdings auf analoge Nutzungen eingeschraenkte Vervielfaeltigung zur eigenen Information moeglich ist, und damit in diesen Faellen der Medienbeobachtung de facto wieder die Werknutzung zum eigenen Gebrauch und nicht nur zum privaten Gebrauch zulaessig ist.

Bezueglich des Rechtsschutzes haben die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie sicherzustellen, dass die Rechtsinhaber gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen koennen, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandten Schutzrechts genutzt werden. Dieser Anordnung wird im Entwurf durch Erweiterung des Unterlassungs- und Beseitigungsanspruches auch gegen Vermittler Rechnung getragen.

Da die Richtlinie die Mitgliedstaaten verpflichtet, bei Verletzungen der in ihr festgelegten Rechte und Pflichten angemessene Sanktionen und Rechtsbehelfe vorzusehen, ohne diese naeher zu bestimmen, wird im Entwurf zunaechst vorgeschlagen, Rechnungslegungs- und Auskunftsansprueche auch zur Durchsetzung von Beseitigungsanspruechen einzuraeumen. Darueber hinaus soll ein selbstaendiger verschuldensunabhaengiger Anspruch auf Auskunft ueber Herkunft und Vertriebswege rechtsverletzender Waren oder Dienstleitungen vorgesehen werden.

Weiters wird durch den Entwurf ein eigenstaendiger Schutz von Computerprogrammen und technischer Massnahmen eingefuehrt. Danach kann der Inhaber eines auf dem Urheberrecht begruendeten Auschliessungsrechts allgemein oder an einem Computerprogramm, der sich technischer Massnahmen zum Schutz des Programms bzw. zur Verhinderung der Verletzung seiner Rechte bedient, ebenfalls auf Unterlassung und Beseitigung klagen.

Ausserdem werden die Strafbestimmungen des § 91 ebenfalls unter anderem um den Schutz dieser technischem Massnahmen erweitert.

Es bleibt nun die weitere Diskussion zu diesem Gesetzesentwurf abzuwarten, wobei noch ausdruecklich darauf hinzuweisen ist, dass aufgrund der zugrundeliegenden Richtlinie, das Inkrafttreten dieser Novelle mit 22.12.2002 (!) vorgesehen ist.