27.09.2002 Gesetzgebung

Musterschutzgesetz Novelle 2002


Seit Beginn der 90er Jahre war die europäische Richtlinie über den Musterschutz in Arbeit, um eine Rechtsvereinheitlichung und höhere Rechtssicherheit im Wettbewerbsbereich innerhalb der Europäischen Union zu schaffen. Durch dieses Bundesgesetz wird die Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen, ABl. Nr. L 289 vom 28. Oktober 1998 nun auch bei uns umgesetzt.

Das Antragsverfahren wurde im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung insofern zentralisiert, als künftig Musteranmeldungen nur mehr zentral beim Patentamt eingereicht werden können (wie dies übrigens derzeit schon bei den anderen gewerblichen Schutzrechten der Fall ist). Dadurch wird - hoffentlich - das Damoklesschwert der Fristversäumnis im Anwendungsbereich des gewerblichen Rechtsschutzes an einem dickeren Faden hängen.

In § 1 Abs 5 werden konsequenterweise nun auch Geschmacksmusterrechte gemäß der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. Nr. L 3 vom 5. Jänner 2002) den aufgrund der nationalen Gesetzgebung erworbenen Musterrechten gleichgestellt.

Wer sich bis jetzt schon mit dem neuen Musterschutzrecht (vor allem durch Lektüre der Vorschläge der EU Kommission) beschäftigt hat und daher in der hier besprochenen Regierungsvorlage nach der avisierten "Reparaturklausel" (eine Klausel, die besagt, unter welchen Bedingungen Muster von Bauelementen komplexer Erzeugnisse vom Musterschutz ausgenommen werden sollen) sucht, sucht vergeblich: Nach eingehender Diskussion wurde darauf verzichtet.

§ 1 regelt wie bisher den Gegenstand des Musterschutzes. Geschützt werden Muster, die

- neu sind (wie bisher aber Neuheitsbegriff in den §§ 2 und 2a neu geregelt)- Eigenart haben (siehe auch dazu §§ 2, 2a) und nicht- gegen den neu eingefügten § 2b oder- die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten oder- das Doppelschutzverbot (§ 3 - im wesentlichen wie bisher nur inhaltlich auf die neu formulierten Begriffe der Neuheit und Eigenart abgestimmt)

verstoßen.

§ 2b erfasst - vorweg erklärt - rein technisch bedingte Erscheinungsmerkmale eines Erzeugnisses, bei denen die Form der Funktion folgt, ohne dass es eine Möglichkeit zu Abweichungen gibt und erklärt sie als nicht schutzwürdig. Dadurch soll die Interoperabilität von Erzeugnissen unterschiedlicher Herkunft sichergestellt und eine Monopolisierung von technisch notwendigen Verbindungselementen verhindert werden.

Im wesentlichen werden folgende Schwerpunkte der Novelle besonders zu beachten sein:

- Änderung des Muster- und Erzeugnisbegriffes

§ 1 Abs 2 definiert "Muster" nunmehr als "Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon". Abs. 4 definiert das wie bisher schützenswerte "komplexes Erzeugnis" als aus mehreren Bauelementen bestehend, die sich ersetzen lassen, so dass das Erzeugnis auseinander- und wieder zusammengebaut werden kann. Schutzwürdigkeit besteht jedoch nur insofern als es bei seiner bestimmungsgemäßen Verwendung sichtbar bleibt.

Auch graphische Symbole und typographische Schriftbilder werden nun explizit unter den Begriff "Erzeugnis" eingereiht. (§1 Abs. 3) Für den Schutz von Computerprogrammen steht eine besondere Schutzrechtsform, das Urheberrecht, zur Verfügung - dies ist wohl der Grund warum sie in § 1 Abs. 3 explizit ausgenommen sind.

- Einführung der relativen Neuheit

§ 2 definiert, wann ein Muster neu ist und wann eine zur Erwerbung von Schutzrechten ausreichende Eigenart vorliegt.

Das Kriterium der Eigenart war schon bislang - allerdings unter dem Begriff der Neuheit - gefordert und bietet daher nur auf den ersten Blick einen definitionsmäßigen Quantensprung.

Der Begriff Neuheit wird trotz der Erweiterung der EU nun enger gezogen - nur identische Muster sind neuheitsschädlich. Identisch ist jedes Muster, das sich nur in "unwesentlichen Einzelheiten" vom schutzbeantragten Muster unterscheidet. Bisher stehen auch "verwechselbar ähnliche" Muster der Schutzwürdigkeit entgegen.

Eine echte Novität ist auch das Abstellen auf einerseits den künftig nicht mehr abstrakt, sondern erzeugnisbezogen Gesamteindruck und andererseits auf die Betrachtungsweise des sogenannten "informierten Benutzers". Außerdem soll künftig die Gestaltungsfreiheit des Schöpfers bei der Entwicklung des Musters ausdrücklich berücksichtigt werden.

§ 2a wird anstelle der "absoluten objektiven Neuheit" das Kriterium der "relativen Neuheit" einführen. Wenn künftighin ein Muster zwar irgendwo zugänglich war, den im Europäischen Wirtschaftsraum tätigen Fachkreisen des betreffenden Sektors im normalen Geschäftsverlauf aber nicht bekannt sein konnte, kann dennoch Musterschutz beansprucht werden. Der bisherige strenge Neuheitsbegriff wird dadurch zum Wohle der Schutzwerber abgeschwächt. Wie oft dies dazu führen wird, dass nur allzu Ähnliches zumindest bis zum Nichtigerklärungsverfahren geschützt werden wird, bleibt abzuwarten.

- Neuheitsschonfrist

Die Schonfrist aus Billigkeitserwägungen beträgt künftig zwölf Monate.

- Verlängerung der maximalen Schutzdauer auf 25 Jahre

§ 6 der Novelle bringt bei genauerem Hinsehen gleich zwei Neuerungen:

Die eher akademisch Relevante zuerst: Der Stichtag des Beginns der Schutzfrist nunmehr der Tag der Registrierung. Da auch schon derzeit in praxi Registrierung und Veröffentlichung des Musters am selben Tag erfolgen, wird das zumindest im Ergebnis wenig Bemerkung finden.

Alles andere als akademisch ist die Verlängerungsmöglichkeit der Schutzdauer um vier Mal fünf Jahre (statt bisher nur zweimaliger Verlängerungsmöglichkeit). Die Gesamtschutzdauer wird in Zukunft also insgesamt 25 Jahre betragen.

Zum Abschluss sei noch auf eine formalrechtliche Modifikation verwiesen, die jedoch zu keinen wesentlichen Änderungen führen wird: Die amtswegige Nichtigerklärung, welche in praxi de facto so gut wie nie zur Anwendung kam, wurde gestrichen - die Nichtigerklärung auf Antrag, die bisher im § 24 vorgesehen war, wird beibehalten, nunmehr im § 23 geregelt und inhaltlich an die materiellrechtlichen Neuerungen angepasst.